Bittere gegenwärtige Bestandsaufnahme mit überdenkenswertem Plädoyer
Humphrey, Rezension aus Deutschland vom 30. März 2018
Eine Flasche Wein und Lust auf intensive (und notwendige) Gedankengänge; meiner Ansicht nach Voraussetzung für die horizonterweiternde Lektüre von LIEBERGS „Systemwechsel“. Ergo kommen wir sogleich zur ersten, möglicherweise grundlegenden Fragestellung: Wie definiere ich mich eigentlich als Teil einer Gesellschaft? Wer über diese Frage länger reflektiert und kaum zu einer Antwort gelangt, der bekommt sie von LIEBERG in seinem Entwurf für einen „Systemwechsel“ schonungslos vorformuliert: Bereits in den frühesten Lebensjahren, spätestens bereits während der Grundschulzeit, werde Kindern über ihre Sozialisation – vor allem in den westlichen Industriestaaten – beigebracht, zu den (Aller)Besten zu gehören, um zu Wohlstand und Ansehen in einer Gesellschaft zu gelangen. Der Keim sei hier bereits angelegt für Wettbewerb, Abgrenzung des Einzelnen und negativen Individualismus im Sinne des persönlichen Erfolges und der Einflussnahme auf verschiedenen Ebenen. Idealer Nährboden für Egozentrismus und Egoismus. Und letztlich gesamtgesellschaftlich resp. global der Weg in Nationalstaaten.
Das erste Buch, das den Namen Systemwechsel auch verdient
Chronos, Rezension aus Deutschland vom 8. April 2018
Endlich mal jemand, der die Dinge beim Namen nennt: Hut ab! Analytisch klar beleuchtet und konsequent die Kernprobleme unserer Gesellschaftsentwicklung, oder wie Lieberg es nennt, unserer Evolution offengelegt. Mir erscheint das von der Analyse unseres Verhaltens und unserer heutigen Werte ausgehende, und im Buch so vorgeschlagene Gesellschaftsmodell als überzeugend und plausibel. Eine ganzheitlich angelegte Option, die langfristig eine Gesellschaftsform und entsprechende Werte und Verhaltensformen verwirklicht, welche ein friedliebendes, respektvolles und würdiges Zusammenleben und in Harmonie mit unserer natürlichen Umwelt garantieren kann, und das gleichzeitig mit dem Erreichen eines hohen Lebensstandards weltweit.
Die meisten Bücher, die sich heute mit dem Zeitgeschehen auseinandersetzen, kauen über unzählige Seiten die Kritik am System durch, richtig zwar, doch ohne der Kritik auch konkrete ganzheitliche Vorschläge zur realen Veränderung folgen zu lassen. Am Ende dieser Bücher findet man meist nur lapidar und lauwarm ein Kapitelchen mit einem Sammelsurium von (mittlerweile schon bekannten) Initiativen und Ansätzen hintereinander aufgereiht, die alle meist nicht viel mehr als einen sogenannten sozial-ökologischen Umbau anstoßen. Viel zu wenig, viel zu schüchtern, viel zu ängstlich.
Bei Liebergs Buch über den Systemwechsel spürt man dagegen Energie und Leidenschaft. Endlich mal kein selbstverliebtes, theoretisches und ideologisches Geschwafel, wovon es leider viel zu viele, auch viel zu dicke Bücher gibt, sondern ein klares Statement, eine klare, wie Lieberg sagt, tabulose Herangehensweise, schnörkellos und fokussiert auf das Wesentliche, und dies auch noch mit 13 klar definierten Reformpaketen für eine mittelfristige und langfristige politische Umsetzung. Der Autor ist nicht irgendein Dahergelaufener, sondern schreibt dies alles auf der Grundlage jahrzehntelanger Arbeit bei der UNO, Respekt! Gut finde ich auch, dass Lieberg ein breites gesellschaftliches Umdenken fordert und alle, egal welcher politischer oder ideologischer Couleur, in die Pflicht nimmt.
Utopie oder existenzielle Notwendigkeit? Antwort: beides!
C. Mayer, Rezension aus Deutschland vom 2. April 2018
Für Lieberg braucht es einen radikalen Tabubruch, sollen die weltweiten Probleme gelöst werden. Er ist kein Fantast. Ihm ist klar, dass dies nicht von heute auf morgen geschehen – ja, es sogar mehrere Generationen dauern – kann, bis ein solcher in Etappen stattfindender Wechsel vollzogen ist. Neben all den Baustellen, die es auf diesem Weg hin zu einer besseren und gerechteren Welt zu bearbeiten gibt, sieht der Autor als Grundbedingung einen radikalen Ideologie- und Wertewandel. Und zwar einen, dessen Keim in der Erziehung unserer Kinder gepflanzt werden muss. Denn hier werden Denkstrukturen, Werte, Handlungsmuster usw. geformt. Nur hier kann einem persönlichen Machtstreben und einem egozentrischen Weltbild begegnet werden. Was sich vielleicht wirklich utopisch anhört, ist bei genauerer Betrachtung gar nicht so weit weg von realen Prozessen. Dass unser Bildungssystem in der Kritik steht, wissen wir nicht erst seit heute. Mittlerweile haben sich auch wissenschaftliche Stimme zu Wort gemeldet: So beispielsweise Manfred Spitzer, Joachim Bauer oder Gerald Hüther. Ihnen ist bewusst, dass wir durch unser Beharren an dieser Ich-Ich-Ich-Mentalität nicht nur unser Zusammenleben erschweren, sondern auch die Möglichkeit verspielen, grundlegende Strukturen zu verändern. Vielleicht tritt Liebergs Vision hier gerade mit zarten, vorsichtigen Schritten in Richtung Umsetzung. Man mag es ihr wünschen.